Das schwarze Loch umkreisen – David Lynch-Retrospektive im b-ware! Ladenkino

Im Lynch-Universum ist alle Existenz ein Horrortrip, das regelmäßige Wiederholen traumatischer Erfahrung. Die Linearität der Zeit? Aufgehoben! Die Protagonisten umkreisen ein finsteres Loch, bis es sie verschlingt. Jetzt ist David Lynch selbst in diesen Abgrund gestürzt, aus dem niemand zurückkehrt. Seit zwei Tagen weiß er nicht mehr, dass er existiert hat. Der Tod löscht nämlich Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit.

Und bei uns? Erinnerungsfetzen kommen an die Oberfläche. Szenen seiner Filme, Anekdoten aus dem Privatleben. Eine Erzählung von Isabella Rosselini, Lynchs temporärer Lebensgefährtin: Wenn sie abends nach Hause kam, hatte der Regisseur stets eine grausige Überraschung für sie präpariert. Einmal war es eine tote Katze im Kühlschrank. Das hielt sie nicht lange aus.

Dennoch: Lynchs BLUE VELVET (1986) machte aus Rosselini einen Megastar. Als geheimnisvolle Dorothy, die den naiven Kyle McLaghlin ins Reich der Dunkelheit entführt, genießt sie brutalste Erniedrigung, ist sie abhängig vom non-stop bedröhnten Gangster Frank (Dennis Hopper) – einer der fiesesten Filmfiguren überhaupt. Lynchs Universum ist ein Labyrinth verlorenen Seelen.

Oder LOST HIGHWAY (1995): Wo der Jazz SaxophonistFred Madison wegen Mordes an seiner Frau in der Todeszelle kauert. An die Tat hat er keine Erinnerung mehr. Ihn plagen geheimnisvolle Visionen und Verwandlungen: Auch der Zuschauer verliert jegliche Orientierung: Ist Fred schuldig? Konnte er dem Gefängnis entkommen? Oder starb er bereits auf dem elektrischen Stuhl?…

Zeitlebens lehnte Lynch eine psychiatrische Therapie ab: Zu groß war seine Furcht, eine Heilung könne ihm die Kreativität rauben. Alternativ fand er zur Transzendentalen Meditation. Das hatte ihm viel Spott eingebracht. Darunter auch den Dokumentarfilm DAVID WANTS TO FLY (2010). Dabei hatte kein Kritiker einen besseren Vorschlag parat. Zumindest half es Lynch, bis zum Lebensende Filme zu drehen. Außerdem hat sich die Frage jetzt erledigt.

Das b-ware! Ladenkino ehrt den Meister des surrealen Horrors mit einer Retrospektive.Zudem verleiht unsere Filmkunst-Videothek (im b-ware! Ladenkino) die Werke von David Lynch auf DVD. Dazu haben wir ein Regal mit seinen Filmen bereit gestellt, darunter auch Raritäten wie HOTEL ROOM (1993).

Beitragsfoto: Isabella Rosselini und David Lynch, 1990. Foto: Georges Biard, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons