GLADIATOR II: PORNOSTARS DER ANTIKE?
In diesem Herbst/Winter boomen die Sandalen-Filme. Gleich drei mal römische Antike: 1) Eine neue Schnittfassung des Evergreens CALIGULA, 2) Francis Ford Coppolas MEGALOPOLIS, einer Synthese aus antikem Rom und New York, sowie 3) Ridley Scotts GLADIATOR II.
GLADIATOR II bestätigt die Blockbuster-Regel: Wenn Hollywood ein Sequel, Prequel oder Rip-off dreht, handelt sich meist um ein verkapptes Remake, Auch Ridley Scotts neuer Gladiatoren-Film ist weitreichend eine Neuauflage des ersten Teils: Ein Sklave wird zum gefeierten Arena-Kämpfer, was ihm Freiheit und Reichtum einbringen könnte. Aber der Held zieht die Revolte gegen den tyrannischen Herrscher vor… Alles aus dem ersten Teil bekannt? Egal! GLADIATOR II ist vor allem Kino der Attraktion, seine (Rahmen-) Handlung nur Zugeständnis an die .Fanataiker der Narration.
Der Historiker Paul Veyne hat den gesellschaftlichen Rang antiker Gladiatoren mit heutigen Pornostars verglichen: Sie befriedigen die Lust auf rohes Fleisch, man feiert sie – und doch bleiben sie anrüchig, ist ihr Ruhm zwiespältig. Tatsächlich suggerieren die Kampfszenen in GLADIATOR II diverse Analogien zum Pornofilm: Verschwitzte, nackte Körper im Nahkampf, bis zum Höhepunkt: Dem Austritt von Sekreten.
In klassischen Monumentalfilmen wie BEN HUR, QUO VADIS oder SIGN OF THE CROSS besteht das römische Circus-Programm aus Wagenrennen und Kämpfen gegen ausgehungerte Wildkatzen. In GLADIATOR II hingegen kämpft Gladiator Hanno gegen wilde Brüllaffen. Deren Vernichtungswut hat mit Stillung von Hunger nichts mehr zu tun. Stattdessen mit purer Raserei um ihrer selbst willen.
Action-Höhepunkt des Films ist die rekonstruierte Seeschlacht im gefluteten Kolosseum (s. Szenenfoto). Auf dem Wasser: Zwei Kriegsschiffe, randvoll mit kampfbereiten Gladiatoren. Nein, das ist keine Erfindung des Drehbuchautors David Scarpa. Als Live-Show nachgestellte Seeschlachten gab es tatsächlich. Regisseur Ridley Scott zeigt sie hier erstmals. Nur eine Zutat ist frei erfunden: Im Wasser der Arena wimmelt von Haien. Stürzt ein Gladiator ins Wasser, wird er vom Rudel blutig empfangen. Dieses Gimmick hat es vor 2000 Jahren nicht gegeben.
In einer späteren Szene erlauben Scarpa und Scott sich einen besonders witzigen Anachronismus: Ein Caféhaus im antiken Rom! Darin wird Tee getrunken und Zeitung gelesen. Das alarmierte laut Watson.de die Geschichtsprofessorin Shadi Bartsch: „Es gab zwar Tageszeitungen (Acta Diurna), aber sie wurden geschnitzt und an bestimmten Orten ausgelegt. Man musste dorthin gehen, man konnte sie nicht in einem Café halten. Außerdem gab es keine Cafés!“ So what? GLADIATOR II ist schließlich kein Dokumentarfilm.