DIE SINGENDE MOTORSÄGE

Ein texanischer Friedhof: Auf dem Grabstein sitzt ein halb verwester Kadaver. Wie der Wächter eines Totenreichs. Genau dorthin fährt eine Gruppe städtischer Youngster. Ein verendetes Gürteltier auf dem Highway, ein alter Mann, der Schlimmes ahnt: Todessymbole überall. Aber nichts macht die Kids stutzig, nichts hält sie auf. Was sie nicht wissen: Eine texanische Metzger-Familie, durch Industrialisierung zur Arbeitslosigkeit verdammt, versucht es mit Selbsthilfe: Sie zersägt Touries und verhökert deren Fleisch als Barbecue. Und was übrig bleibt, futtern sie selber. Ja, Meat is Murder. Kultstar der Familie: Der riesige Leatherface. Er trägt eine Maske aus Menschenhaut. Sein Schlacht-Utensil: Die Kettensäge…

Seit THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) ist die Motorsäge nicht mehr bloßes Werkzeug, sondern Mordinstrument. Ihr Gesang ist der wahre Soundtrack des Films. Regisseur Tobe Hooper filmte mit einer billigen 16 mm-Kamera: Ein echtes Dirty-Movie also. Zweiter Star des Films ist Marilyn Burns. Die Scream Queen avancierte mit TCM zum ersten „Final-Girl“ in der Geschichte des Slasher-Films. Im Augenblick der Rettung wandelt sich ihr Angstschrei in hysterisches Gelächter. Man ahnt: Dieses irre Lachen wird nie mehr verstummen…

Unter dem Titel BLUTGERICHT IN TEXAS startete der Film vor 50 Jahren in hiesigen Kinos. Damaliger Werbeslogan: „Der Film, bei dem sie schon nach 20 Minuten wünschen werden, er möge zuende gehen.“ Und heute, nach unzähligen Sequels, Prequels, Rip-offs und Remakes? Nach Parodien wie Christoph Schlingensiefs DAS DEUTSCHE KETTENSÄGENMASSAKER (1990)? Heute ist er zum Kult- und Heimatfilm prekärer Einzelkämpfer avanciert: „Das Massaker hat seine Tradition im absurden und surrealistischen Theater: Es tut nicht mehr weh! Tobe Hooper, der junge, ist der amerikanische Achternbusch, und in TCM, seinem Texaner Gefühl, fühlen wir uns fast so wohl wie bei Herbert am Starnberger See.“ (Fritz Göttler) Oder wie im b-ware! Ladenkino.