THE SADNESS

Wenn das Blut in Strömen fließt, dann schützt nicht einmal mehr eine FFP2-Maske. Im taiwanesischen Film THE SADNESS vom kanadischen Regisseur Rob Jabbaz begleiten wir das junge Pärchen Kat und Jim durch einen Tag im Pandemiealltag in Taipeh. Der Film spielt in einer Parallelrealität zu unserer Covid-Wirklichkeit.

Die Ruhe, die in den ersten Minuten des Films vermittelt wird, hält nicht lange. Denn der sich in der Gesellschaft rapide ausbreitende Alvin-Virus ist nämlich nicht mit der Grippe verwandt, sondern mit Tollwut.

Er bringt die Angesteckten zu Taten, die sie bei klarem Verstand nicht vollbringen würden. In den darauf folgenden 80 Minuten des Filmes werden Zuschauende regelrecht von Gewaltakten bombardiert. Körper werden zerissen, Menschen werden vergewaltigt, Finger abgeschnitten, Knochen gebrochen, Körper gefressen. Das zelebrieren von Gewalt kennt keine Grenzen – das schlimme daran: die Infizierten sind noch immer empfindsame Wesen. Sie können reden, sie drücken ihre Gefühle aus und sie bekommen mit, was für grauenvolle Taten sie vollbringen.

Für Zombie-Nerds ist das nichts Neues. In massig vielen Ausgaben des Comics ‚Crossed‘ beschreibt Garth Ennis eine Welt die von einem Virus dominiert wird, welches die dunkelsten Verlangen im Menschen erweckt und sie zwingt, diese auszuleben. Ebenso hat George A. Romero in dem Film CRAZIES eine ähnliche Vision schon Anfang der 70er – wenig erfolgreich – auf die Leinwand gebracht. Trotzdem ist es immer noch ein frisches Konzept und technisch so gut insziniert wie in THE SADNESS hat man das zuvor noch nicht im Kino gesehen.

Ein essenzieller Baustein des Zombiefilm ist ohne Zweifel eine ordentliche Dosis Gesellschaftskritik. Diese streut Jabbaz in seinem Debüt recht vorsichtig, aber trotzdem an den richtigen Stellen. Manchmal sogar so gut, dass THE SADNESS kurzweilig einen satirischen Charakter bekommt und die Personen vor der Leinwand zur Abwechslung zum schmunzeln bringt. Themen wie der staatliche Umgang mit dem Pandemiezustand, Verschwörungsidiologien, Digitalisierung, Internetkultur oder die Omnipräsenz von sexualisierter Gewalt werden thematisiert.

Abschließend muss ich noch die offensichtliche Liebe von Jabbaz zum Horrorfilm hervorheben. Manche Szenen adaptiert er nahezu eins zu eins aus anderen Genre-Klassikern, aber gibt ihnen einen in die Geschichte eingewobenen Twist. Ob es nun die alte „Finger-im-Pyraniabecken“ Nummer ist oder Cronenbergs SCANNERS eine neue Huldigung erfährt kommt dem Gorefest THE SADNESS nur zu gute.