Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
So kurz können 2,5 Stunden und so gut kann Melodrama sein. Basierend auf Martha Batalhas Roman „Die vielen Talente der Schwestern Gusmão“ erzählt Karim Aïnouz die Geschichte zweier Schwestern im Brasilien der Fünfziger und schenkt uns ein opulentes Juwel von Film, voller Melancholie und Sehnsucht, aber auch Widerständigkeit und Ringen um Selbstbestimmung.
In der restriktiven Enge einer patriarchalen Gesellschaft bleibt nicht viel Platz für Talente oder Sehnsüchte der weiblichen Protagonistinnen. Statt das jedoch tränenreich im Telenovella-Stil auszuschlachten, setzt Aïnouz auf eine eher zurückhaltende, sperrige Inszenierung, die Erwartungshaltungen unterwandert und letztendlich ambivalent bleibt.
Beide Schwestern werden ein Leben führen, das sie sich so nicht erhofft haben, müssen jede auf ihre Weise die Folgen der ihnen aufgezwungenen Erwartungen und Normen ertragen. Beide Schicksale sind gleichzeitig erfüllt und sind es nicht. Beständig suchen die Protagonistinnen nach einem Sinn und Halt, den sie mal finden, mal auch nicht – aber Glück und Unglück sind sich dabei viel näher, als man es hätte erwarten dürfen.
Eingebettet ist das alles in eine stimmige filmische Umsetzung. Die Bilder sind farbenfroh, die Aufnahmen voller Leben, der Film selbst, trotz aller Melancholie, voller Lebensfreude.
Der brasilianische Oscarbeitrag hatte seine Weltpremiere auf den Filmfestspielen von Cannes 2019 und wurde nicht nur dort ausgezeichnet.